Tourismus-GmbH des Landkreises
- Öffentliche Betrauung der Donaubergland Marketing und Tourismus GmbH zur
Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse
(Betrauungsakt) und Neustrukturierung der Gesellschafterstruktur der GmbH
Sachverhalt:
Seit der Gründung der Donaubergland Marketing und Tourismus GmbH (im Folgenden Donaubergland GmbH) zum 01.09.2004 nimmt die gemeinsame Tourismusorganisation des Landkreises, der beteiligten Kommunen und der privaten Mitglieder die Aufgabe der touristischen Vermarktung des Landkreises Tuttlingen und der sieben Mitgliedskommunen im Landkreis Sigmaringen wahr. Gesellschafter sind derzeit der Landkreis Tuttlingen, 34 Kommunen des Landkreises Tuttlingen, sieben Kommunen des Landkreises Sigmaringen sowie 77 private Betriebe und Rechtspersonen.
Die Tätigkeit der Donaubergland GmbH besteht darin, im Bereich der Tourismusförderung allgemeine wirtschaftliche Interessen zu fördern, die Diversifizierung der Wirtschaftsstruktur im Sinne einer Dienstleistungsgesellschaft sowie die technische und kommunikative touristische Infrastruktur weiterzuentwickeln. Diese Tätigkeit lässt sich nicht kostendeckend erbringen, weshalb die kommunalen Gesellschafter einen jährlichen Verlustausgleich an die Donaubergland GmbH leisten. Die Höhe der jährlichen Beiträge zum Verlustausgleich orientiert sich an der Einwohnerzahl in Kombination mit einem Schlüssel aus Größenklassen der Kommunen. Der Landkreis zahlt im Geschäftsjahr 2016/2017 einen Beitrag in Höhe von 255.000 EUR. Dies entspricht 75 % der kommunalen Beiträge zur Verlustabdeckung. Die 41 Kommunen zahlen zusammen, gestaffelt nach Größenklassen, die weiteren 25 %.
Die Neufassung der beihilfe- und vergaberechtlichen Vorgaben durch die Europäische Union hat auch Auswirkungen auf die rechtliche Grundlage der Aufgabenstellung der Donaubergland GmbH. Um die erforderliche rechtskonforme Anpassung vornehmen zu können, hat die Donaubergland GmbH Herrn Rechtsanwalt Rainer Noll vom Rechtsanwaltbüro Noll & Hütten, Stuttgart mit der fachlichen Beratung und Unterstützung beauftragt.
Rechtsgrundlage der beihilferechtlichen Konsequenzen ist der Beschluss
der EU-Kommission vom 20.12.2011 über die Anwendung von Artikel 106 Absatz 2
des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf staatliche
Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen zugunsten bestimmter Unternehmen,
die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem
Interesse betraut sind (2012/21/EU, Abl. EU Nr. L 7/3 vom 11. Januar 2012).
Die Übernahme von Aufgaben der
Tourismusförderung in einem Landkreis oder einer Kommune ist eine Aufgabe, die
von der kommunalen Selbstverwaltungskompetenz erfasst wird. Erhält ein hierfür
gegründetes Unternehmen allerdings kommunale Gelder, können diese Zahlungen
eine unzulässige Beihilfe im Sinne der Art. 107 ff. des o. g. Vertrags
darstellen. Auch Zahlungen zum Verlustausgleich an Gesellschaften werden in
diesem Sinne als Beihilfe bewertet, welche zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen
im EU-Binnenmarkt grundsätzlich unzulässig sind. Hierfür wurden jedoch
einschlägige Ausnahmen definiert, da bestimmte Leistungen im Rahmen der
Daseinsvorsorge und im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse nicht
kostendeckend erbracht werden können
Hierzu verlangt die EU-Kommission in Übereinstimmung mit dem EuGH einen sog.
Betrauungsakt, in dem die Gemeinwohlverpflichtungen, der Verlustausgleich und die
Vermeidung von Überkompensationen
näher geregelt sind.
In einem solchen Betrauungsakt,
der in der Regel für die Dauer von zehn Jahren verabschiedet wird, sind Art und Umfang der übertragenen
Daseinsvorsorgeaufgaben verbindlich zu definieren. Der Betrauungsakt muss an
die Donaubergland GmbH gerichtet und rechtlich verbindlich sein. Hierfür sind
Beschlüsse des Kreistages und der Gremien der Mitgliedskommunen erforderlich.
Der Kreistag des Landkreises Tuttlingen hat diesen Beschluss in seiner Sitzung
vom 18. Mai 2017 gefasst.
Im Betrauungsakt selbst müssen folgende Inhalte aufgeführt
sein:
§ Art und
Dauer der Gemeinwohlverpflichtungen;
§ das
beauftragte Unternehmen und der geografische Geltungsbereich;
§ Art und
Dauer der dem Unternehmen ggf. gewährten ausschließlichen oder besonderen
Rechte;
§ die
Parameter für die Berechnung, Überwachung oder etwaige Änderungen der
Ausgleichszahlungen;
§ die
Vorkehrungen, die getroffen wurden, damit keine Überkompensation entsteht bzw.
etwaige überhöhte Ausgleichszahlungen zurückgezahlt werden;
§ der
Nachweis der Mittelverwendung im Jahresabschluss.
Die Betrauung erfolgt für den höchstzulässigen
Gesamtzeitraum von 10 Jahren ab
dem laufenden Wirtschaftsjahr, d.h. ab dem 01.09.2016 (Anlage 1).
Bezüglich der Vergabevorschriften ist Grundlage die Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG. Der deutsche Gesetzgeber hat die Richtlinie im Wesentlichen durch Änderungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen umgesetzt. Die entsprechenden deutschen gesetzlichen Vorschriften sind im sogenannten Vergaberechtsmodernisierungsgesetz am 19.04.2016 in Kraft getreten.
Grundsatz der gesetzlichen Vorschriften des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ist die Ausschreibungspflicht für Aufträge von öffentlichen Auftraggebern. Dabei ist festzuhalten, dass die grundsätzliche gesetzliche Verpflichtung zur Beachtung vergaberechtlicher Vorschriften bereits bei der Beauftragung einer Organisation, eines Amtes, einer Institution oder sonstigen selbstständigen Einheit durch den öffentlichen Träger mit der Tätigkeit als Inlandstourismusstelle einsetzt.
Unter bestimmten Voraussetzungen sind solche Beauftragungen vergabefrei. Für die Frage der Vergabepflicht oder der Vergabefreiheit muss auch grundsätzlich unterschieden werden zwischen der Beauftragung der Inlandstourismusstelle durch die sie tragende Kommune bzw. den Landkreis oder mehrere öffentlich-rechtliche Auftraggeber einerseits, also sozusagen den „Grundauftrag zur Erbringung der inlandstouristischen Leistungen“, und die Auftragserteilung durch die Inlandstourismusstelle gegenüber externen Dienstleistern andererseits.
Ein relevanter Lösungsansatz ist die so genannte „Inhouseregelung“. Dabei geht es darum, dass die mit der Erbringung der inlandstouristischen Leistungen zu beauftragende Stelle rechtlich so aufgestellt ist, dass diese entsprechend den nachfolgenden Kriterien ihrerseits als öffentliche Einrichtung angesehen wird. Bezüglich der Voraussetzungen an eine solche Inhousegesellschaft gibt es in der neuen EU-Vergaberichtlinie klare Vorgaben, welche sich in § 108 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen in neuer Form niedergeschlagen haben.
Die direkte Beteiligung Privater (ob mittelbar, minderheitlich oder auch bloß als stille Beteiligung am Stammkapital einer kommunalen GmbH) ist immer inhouse-schädlich. Die Inhouselösung scheidet demnach von vornherein bei allen bestehenden Tourismus-, Kur- und Marketing-GmbHs aus, solange und soweit an diesen private Gesellschafter, gleich welcher Art (insbesondere Hotels, Bergbahnen, Skiliftbetreiber usw.) beteiligt sind. Voraussetzung für die Vergabefreiheit nach der "Inhouseregelung" ist demnach, dass die öffentliche Einrichtung zu 100 % von dem/den öffentlichen Auftraggeber(n) beherrscht wird.
In seinen Sitzungen vom 14.09.2016 und 17.11.2016 hat der Aufsichtsrat der Donaubergland GmbH diesen Sachverhalt eingehend beraten und einstimmig beschlossen, eine solche "Inhouselösung" für die Donaubergland GmbH anzustreben.
Dies würde das einvernehmliche Ausscheiden aller privaten Gesellschafter aus der GmbH voraussetzen. In der Gesellschafterversammlung vom 29. November 2016 sowie in mehreren Informationsveranstaltungen am 19. und 27.09.2016 sowie am 30.01.2017 wurden die Gesellschafter der Donaubergland GmbH eingehend über diese neuen Rahmenbedingungen informiert und die möglichen Konsequenzen ausführlich diskutiert. Sowohl die kommunalen als auch die privaten Gesellschafter haben dabei einvernehmlich ihre Zustimmung signalisiert, die Donaubergland GmbH zu einer rein kommunalen GmbH im Sinne einer "Inhouselösung" umzustrukturieren. Im Rahmen einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung am 17.07.2017 soll der Austritt der bisherigen Gesellschafter einvernehmlich beschlossen und vollzogen werden. Das Stammkapital soll dabei entsprechend dem Umfang der bisherigen privaten Einlagen reduziert werden. Die Einlagen sind an die ausscheidenden Gesellschafter auszubezahlen. Der Gesellschaftervertrag soll an die neuen rechtlichen und finanziellen Vorgaben angepasst werden und in der außerordentlichen Gesellschafterversammlung beschlossen werden (Anlage 2).
Nach dem Beschluss der Gremien des Landkreises werden die Mitgliedsgemeinden
der Donaubergland GmbH gebeten, den Betrauungsakt ihren Gremien gleichlautend
zum Beschluss vorzulegen. Zugleich werden die Mitgliedsgemeinden gebeten, ihren
Gremien den Entwurf des geänderten Gesellschaftervertrages ebenfalls zum
Beschluss vorzulegen.
Die Donaubergland GmbH wird
gemeinsam mit den privaten Gesellschaftern und mit notarieller
Begleitung deren Austritte formell vorbereiten, damit diese in der
außerordentlichen Gesellschafterversammlung am 17.07.2017 vollzogen werden
können. Mit Beginn des Geschäftsjahres 2017/2018 zum 01.09.2017 soll dann die
Donaubergland GmbH als rein kommunale Gesellschaft mit der im Betrauungsakt und
dem Gesellschaftervertrag formulierten Aufgabenstellung aufgestellt sein.
Den ausscheidenden privaten Gesellschaftern wird im Gegenzug eine
entsprechende Marketing-Dienstleistungspartnerschaft seitens der Donaubergland
GmbH angeboten. Als sogenannte "Donaubergland-Partner" soll es ihnen
ermöglicht werden, Marketing- und Serviceleistungen der Donaubergland GmbH in Anspruch
zu nehmen und diese beratend mit zu entwickeln und mit zu begleiten. Grundlage
dafür sollen entsprechende Marketingvereinbarungen zwischen der Donaubergland
GmbH und den einzelnen Partnern sein auf der Basis der bisherigen gegenseitigen
Leistungen.
Die Änderung erfolgte nunmehr in einer außerordentlichen
Gesellschafterversammlung am 17.07.2017.
Wuhrer
Bürgermeister